Genitalverstümmelung an Mädchen und die Crux mit den Vorsorgeuntersuchungen

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Mit einer frisch lancierten Petition, die im Herbst 2019 an Jens Spahn übergeben werden soll, will der Verein Terre des Femmes die medizinischen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche (U-Untersuchungen) zur gesetzlichen Verpflichtung machen.

Der Öffentlichkeit wird diese Maßnahme u.a. als Mittel zum Erkennen und Verhindern von sexualisierten Misshandlungen an Kindern sowie Genitalverstümmelungen bei Mädchen verkauft.

Dabei zeigt ein Blick auf die aktuelle Rechtslage folgendes:

Die bloße Einführung gesetzlicher Vorsorgeuntersuchungen würde die Täter in ihrem Tun bestärken!

Denn: Die Regelungen zur ärztlichen Schweigepflicht untersagen es Ärzten explizit, selbst schwerste Gewalthandlungen an Kindern den Strafverfolgungsbehörden zu melden, wenn keine akute Wiederholungsgefahr besteht und die Meldung ausschließlich der Strafverfolgung dient. Bei einer Genitalverstümmelung ist diese Konstellation gegeben: Es besteht keine Wiederholungsgefahr (da es sich um eine einmalig verübte Gewalttat handelt) und die Meldung hätte ausschließlich das Ziel, ein Strafverfahren insbesondere gegen die anstiftenden Elternteile zu eröffnen.

In der Praxis würde das bedeuten, dass Ärzte, die zufällig*** im Rahmen einer solchen „gesetzlichen Vorsorgeuntersuchung“ die genitale Verstümmelung an einem Mädchen feststellen, zu dieser Feststellung schweigen müssen. Die fatale Botschaft an die Täter/innen wäre eindeutig:

„Selbst wenn wir die Tat feststellen, habt ihr – obwohl es sich um eine gravierende Straftat handelt – keine Strafe zu erwarten“.

Selbst bei wiederholungsgefährdeten Gewalttaten gegen Kinder (z.B. Vernachlässigung, massive physische Gewalt, sexualisierte Gewalt) besteht keine Meldepflicht! Ärzte dürfen stattdessen nach §34 StGB (rechtfertigender Notstand) eigenständig entscheiden, ob sie z.B. ein Jugendamt informieren. Aber wohlgemerkt – sie müssen es nicht!

Fazit: Es drängt sich die Frage auf, ob Terre des Femmes aufgrund purer Dilettanz oder als vorsätzliche Falschinformation eine durchaus diskussionswürdige Forderung mit verfehlten Erfolgsaussichten bewirbt.

Den gefährdeten oder bereits verstümmelten minderjährigen Mädchen erweist der Verein damit – wieder einmal – einen Bärendienst.

Die TaskForce hat im Rahmen ihres Präventionsprogramms für wirksamen Schutz von Mädchen vor Genitalverstümmelung bereits vor über 10 Jahren auf die fatale Täterschutz-Rechtslage reagiert und die Einführung verpflichtender Unversehrtheitskontrollen bei gleichzeitiger Schaffung einer ärztlichen Meldepflicht (wenn Genitalverstümmelungen bei minderjährigen Mädchen festgestellt werden) gefordert. Nur die Kombination dieser beiden Maßnahmen schafft ein wirksames Instrument für umfassenden und messbaren Schutz der gefährdeten Mädchen.

Und es ist bezeichnend, dass sich deutsche Politiker und die Bundesregierung seit Jahren weigern, diese Schutzmaßnahmen einzuführen.

Weiterlesen:

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*** Die derzeitigen U-Untersuchungen sind per se ungeeignet, Genitalverstümmelungen bei Mädchen zu identifizieren, da die genitale Unversehrtheitskontrolle dort nicht vorgesehen ist.

Symbolfoto: (c) Shutterstock

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