TERRE DES FEMMES überlässt 5-Jährige der Genitalverstümmelung in Guinea

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Wer schützt Khady in Guinea? TERRE DES FEMMES e.V. versäumt rechtliche Schutzmaßnahmen und überlässt das Kind der akuten Gefahr von Genitalverstümmelung.

Hamburg, 14. Juli 2011 – Die TaskForce kritisiert die Unterlassung angemessener Hilfe seitens TERRE DES FEMMES im Fall drohender Genitalverstümmelung und fordert von dem Verein, sich für das Recht gefährdeter Mädchen auf sicheren Schutz vor dieser Gewalt einzusetzen:

Die 5-jährige Khady wächst in Deutschland auf und geht in den Kindergarten. Es steht eine Sommerreise nach Guinea an. „Die Fünfjährige ahnt jedoch nicht, dass ihre Großmutter plant, ihre Enkelin diesmal zur Beschneiderin zu bringen“, heißt es in einem aktuellen Spendenbrief des Vereins.

Die Kindergärtnerin bittet TERRE DES FEMMES um Hilfe.Obwohl über die gängige Rechtsprechung informiert, unterlässt es der Verein, die gebotenen Maßnahmen zum Schutz des Mädchens einzuleiten: Seit dem wegweisenden Beschluss des Bundesgerichtshofs von 2005 haben diverse Amts- und Landesgerichte in solchen Fällen die Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als einzige angemessene Maßnahme zur Abwendung der Gefahr bestätigt und Reisen der Kinder in die entsprechenden Risikoländer jeweils untersagt. Immer wurde dabei dem Schutz der Mädchen vor der schweren Misshandlung die höchste Priorität eingeräumt.

Die Frauenrechtsorganisation schaltet aber weder Jugendamt noch Familiengericht ein, sondern gibt grünes Licht für die Reise: „TERRE DES FEMMES nimmt Kontakt mit einer Organisation in Guinea auf, die vor Ort gegen Genitalverstümmelung kämpft. Die Mitarbeiterinnen reden mit Khadys Großmutter. Die Eltern sind froh, dass Landsleute ihnen helfen, ihre Tochter zu schützen. Erst jetzt können auch sie sich auf den Besuch bei der Oma freuen.“ 

„Mit diesem Vorgehen missachtet TERRE DES FEMMES nicht nur geltendes Recht, sondern überlässt das Mädchen auf verantwortungslose Weise und mit großer Wahrscheinlichkeit der Verstümmelung. Ein gravierender Fall von unterlassener Hilfe“, so Ines Laufer, Geschäftsführerin der TaskForce, die seit 2010 den Notruf SOS FGM (www.sosfgm.org) betreut. Ines Laufer betont: „Befindet sich das Mädchen erst einmal in Guinea, ist es der Gewalt schutzlos ausgeliefert. Zudem muss bedacht werden, dass viele Mädchen in den Ländern der Eltern zurückgelassen werden, um die Tat zu vertuschen.“

Für Khady gilt – wie für alle Kinder hierzulande – die verfassungsgemäße Schutzpflicht des deutschen Staates. TERRE DES FEMMES jedoch schneidet dieses Mädchen vom Zugang zu wirksamen staatlichen Schutzmaßnahmen ab. Durch die Unterlassung rechtlicher Schritte erfährt das Kind eine nicht hinnehmbare Diskriminierung.

Die TaskForce fordert TERRE DES FEMMES deshalb auf, umgehend die zuständigen Behörden (Jugendamt / Familiengericht) einzuschalten, die von Amts wegen die geplante Reise unterbinden und das Mädchen damit sicher vor der Misshandlung schützen können.

Die TaskForce hat bereits in der Vergangenheit über Verfehlungen von TERRE DES FEMMES im Umgang mit Genitalverstümmelung berichtet, z.B. darüber, dass der Verein Verstümmelungs-Täter vor Strafverfolgung geschützt hat.

Den Spendenbrief von TERRE DES FEMMES finden Sie hier.

 

Symbolfoto (c) Shutterstock

2 Comments

  1. Vanessa Radel sagt:

    Großmutter hin oder her „jetzt können sich die Eltern auf den Besuch der Großmutter wieder freuen“, die alte Schachtel ist und bleibt eine Gefahr für das Kind und Oma hin oder her, die Schrappnell sollte ab sofort nicht nur eingeschränktes sondern gar kein Zugangsrecht mehr zu dem Kind bekommen. Das Denken dieser Menschen ändert sich nicht nach einem Gespräch von Terre des Femmes Mitarbeiterin, lediglich wird einfach das nächste Mal wahrscheinlich vorsichtiger und ohne Vorwarnung vorgegangen. Schlimmstenfalls wird sie zwischen Kaffee und Kuchen eine Rasierklinge zur Hand nehmen. Langjährige Traditionen bricht man nicht durch ein Gespräch, auch wenn es von psychologisch geschulten Mitarbeitern ist.

  2. Liebe Vanessa,

    vielen Dank für Ihren Beitrag. Zum Thema Sinnhaftigkeit von Überzeugungsarbeit empfehlen wir einen aktuellen Artikel aus dem britischen Guardian:
    Mit Efua Dorkenoo stellt eine weitere erfahrene FGM-Aktivistin die Strategie der „Aufklärung“ infrage. Sie sagt nämlich: „Der Hauptgrund für die Verstümmelung ist die Kontrolle der Sexualität. Dem kann man nicht allein mit Aufklärung begegnen“.
    http://www.guardian.co.uk/society/2011/jul/12/tackling-female-genital-mutilation

    Viele Grüße
    Simone aus dem TaskForce-Team

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