Kritik an Gesetzes-Entwurf zu „Genitalverstümmelung“ auch von Strafverteidigern

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Die TaskForce kritisiert nach wie vor die Bestrebungen von Bundesrat und Bundestag, einen eigenen Straftatbestand „Genitalverstümmelung“ zu schaffen.

Zum einen, weil die geplanten Änderungen des Strafrechts überflüssig sind und zum anderen, weil die Debatte um die Strafrechtsänderungen von den tatsächlichen Problemen ablenkt, die zur bisherigen Straffreiheit der Täter führen.

Aber wir sind nicht die einzigen, die anhand fundierter Kenntnis der  Verstümmelungspraxis diese Kritik üben: Die Strafverteidigervereinigungen werfen in einer ausführlichen Stellungnahme ebenfalls ein kritisches Licht auf das geplante Gesetz:

Auszüge:

„Weibliche Genitalverstümmelung ist ein gravierender Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der betroffenen Mädchen.

Hieraus, wie auch aus der Tatsache, dass fast ausnahmslos minderjährige betroffen sind, ergibt sich bereits eine Pflicht des Staates zum Schutz möglicherweise betroffener Mädchen.

Eine primär strafrechtliche Befassung mit dem Problem weiblicher Genitalverstümmelung ist jedoch weder sachgerecht noch in der Praxis hilfreich. Keineswegs fehlt es an einem klaren gesetzlichen Verbot der Genitalverstümmelung, ihre prinzipielle Strafbarkeit steht außer Frage.Durch seine Beschränkung auf das Strafrecht steht allerdings weiterhin zu befürchten, dass er sich in rein symbolischer Wirkung erschöpft und daher die Gefahr birgt, einer wirksamen und auf die Interessen von (potentiell) betroffenen Mädchen ausgerichteten Gesetzgebung abträglich zu sein. Das grundsätzliche Problem, dass Genitalverstümmlung in der Praxis sanktionslos bleibt, weil die Tat nicht bekannt wird, bleibt unberührt. Entsprechende Erfahrungen aus anderen Ländern, die in den vergangenen Jahren ein Spezialgesetz gegen Genitalverstümmelung eingeführt haben, weisen darauf hin, dass hier keine positiven Effekte durch einen gesonderten Straftatbestand zu erwarten sind.

Dass die nach geltendem Recht mögliche Verfolgung der Genitalverstümmelung in der Regel nicht stattfindet, zugleich aber, wie es in der Entwurfsbegründung heißt, „rund 20.000“ genital verstümmelte Frauen und Mädchen in Deutschland leben, legt nahe, dass hier weniger ein Problem der Rechtsetzung als vielmehr eines ihrer Implementierung vorliegt. Die Kernfrage, wie das Verbot weiblicher Genitalverstümmelung vor dem Hintergrund der familiären Tat-Konstellation überhaupt wirksam durchgesetzt werden kann, löst der Entwurf nicht.

Insgesamt haben die Strafverteidigervereinigungen die Sorge, dass eine vorwiegend symbolisch wirkende strafrechtliche Regelung besser geeigneten Mitteln zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung eher abträglich ist, als dass sie der realen Problemlösung diente.

Solange andere Maßnahmen (wie bspw. Aufnahme in die kinderärztliche Routineuntersuchung….) nicht ergriffen werden, setzen sich die Verfasser des Entwurfs dem Vorwurf aus, mit der strafrechtlichen Neuregelung nur vom Versagen politischer Regulierung abzulenken.“

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