Genitalverstümmelung und Unabhängigkeit der Frauen haben miteinander zu tun: Aber anders, als Sie denken.

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Ein Kommentar der TaskForce-Initiatorin Ines Laufer

Oft wird hier im Westen die Meinung vertreten, dass die Genitalverstümmelungen aufhören, wenn Frauen unabhängig werden.

Vielleicht ist Ihnen diese Aussage auch schon einmal begegnet. Sie basiert auf der Erkenntnis, dass Abhängigkeitsverhältnisse die wichtigste Ursache der Verstümmelungen sind.

Auch ich war jahrelang davon überzeugt, dass gravierende, patriarchal konstruierte Abhängigkeiten von Frauen gegenüber Männern DIE Ursache dafür sind, dass so etwas wie Genitalverstümmelungen überhaupt möglich wird – und man deshalb zunächst versuchen müsse, eben diese Ursache zu beseitigen, um die Gewalt zu stoppen.

Heute weiß ich, dass das nur die halbe Wahrheit ist – und aus einem einfachen Grund NICHT funktionieren kann:

Die kausalen Zusammenhänge bestehen nicht linear in eine Richtung – (Abhängigkeit führt zu Genitalverstümmelung) – sondern in einer starken Wechselwirkung:  

Die  Gewalt der Verstümmelungen und ihre physischen und vor allem psychischen Folgen (schwere individuelle und kollektive Traumata, Dissoziation, Verdrängung, „Identifikation mit dem Aggressor“ etc.) führen zur Zementierung der Abhängigkeitsverhältnisse und somit zur Festigung der eigenen Ursache:

Abhängigkeit, Unterdrückung und Diskriminierung sind also weniger die URSACHE der Verstümmelungen sondern vor allem deren FOLGE!

Das hört sich vielleicht harmlos an, doch daraus ergibt sich ein völlig neues Bild: Statt „Unabhängigkeit ist der Schlüssel zur Beendigung von Genitalverstümmelungen“ muss es folgerichtig heißen:

Ohne den STOPP von Genitalverstümmelungen kann es keine Unabhängigkeit geben!

Das bedeutet, dass sämtliche bisherigen Ansätze zur Abschaffung der Verstümmelungsgewalt auf den Kopf gestellt werden müssen!

Es hört sich im ersten Moment vielleicht paradox an – doch ist es zutiefst logisch:

Erst wenn die Verstümmelungen gestoppt, d.h. die künftigen Generationen konsequent geschützt werden – und zwar unabhängig davon, ob die Täter/Familienoberhäupter überzeugt sind oder nicht (was mit massivem Druck und Konsequenz, d.h. Bestrafung, wirtschaftlichen Konsequenzen etc durchzusetzen ist) – erst dann besteht überhaupt die Chance, die Ursachen (u.a. die extremen Abhängigkeitsverhältnisse) zu beseitigen – und damit die Verstümmelungen nachhaltig und langfristig mitsamt der „Wurzel des Übels“ zu beseitigen.

Wer also Genitalverstümmelungen wirklich beenden will – und zwar nachhaltig – muss im allerersten Schritt die „Produktion“ weiterer Opfer stoppen – d.h. die Kinder wirksam schützen! Erst danach machen materielle Investitionen in die Unabhängigkeit (wie z.B. Bildung & Ausbildung) überhaupt einen Sinn.

Mit unserer Patenmädchen-Kampagne (www.patenmaedchen.de) haben wir bereits vor Jahren für dieses Prinzip erstmals praktikable Schritte erarbeitet, die einfach zu realisieren sind, nicht einmal Geld kosten und von afrikanischen AktivistInnen einfach als „genial“ bewertet werden.

Doch bislang werden diese simplen und dennoch revolutionären Erkenntnisse von keiner einzigen westlichen Organisation umgesetzt, die in Verstümmelungsgebieten tätig ist.

Und es verwundert kaum, dass diejenigen Vereine, die tausende Mädchen in ihren „Entwicklungshilfeprojekten“ hilflos der Verstümmelung ausliefern und sich durch die Unterlassung von Schutz an diesen Verbrechen mitschuldig machen, wie z.B. Plan International, World Vision, Kindernothilfe und Childfund, sich blind und taub stellen, wenn es um die Forderung nach dem Schutz der Kinder in ihren Projektgebieten geht:

Sie wollen weiter auf dem fatalen „Irrweg der Aufklärung“ Gelder, Ressourcen, Energie vergeuden und damit das Vertrauen der SpenderInnen missbrauchen. Das geht so weit, dass sie den Verstümmelungs-TäterInnen zu Wohlstand verhelfen, anstatt die Opfer zu schützen.

Wie lange diese Vereine die Bemühungen um die Beendigung der Genitalverstümmelungen noch torpedieren und damit die Abhängigkeitsverhältnisse und Ursache der Gewalt zementieren können, entscheiden die SpenderInnen und die Öffentlichkeit – mit ihrer Duldung oder Protest…

weiterführende Informationen zur Verstümmelung von Mädchen in den Projekten deutscher Entwicklungshilfeorganisationen:

Angst vor der Verstümmelung des Patenkindes (2007)

Patenmädchen-Kampagne: www.patenmaedchenmaedchen.de (2009)

Bis zu 400.000 Patenmädchen schutzlos der Genitalverstümmelung ausgeliefert  (2009)

Endlich alle Patenmädchen vor Genitalverstümmelung schützen – animierter RadioSpot zur Patenmädchen-Kampagne (2009)

Versehrte Schützlinge (Die Welt, 2009)

Waris Dirie klagt an (EMMA, 2009)

Betrug an Spendern – Patenorganisationen dulden weiter Genitalverstümmelung (2010)

Entwicklungshilfe verhindert nachhaltige Entwicklung (2010)

Plan International verhöhnt Spender, Öffentlichkeit und misshandelte Patenkinder (2011)

Geschäftsführer der Klambt Mediengruppe (z.B. “Gracia”) fördert den Betrug von Kindernothilfe e.V. (2011)

Plan International, die Duldung von Genitalverstümmelung und Erkenntnisresistenz… (2011)

Foto (c) Flickr/Ferdinand Reus

 

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